18.12.2004

Die CIA und Venezuela

CIA-Dokumente werfen ein neues Licht auf die Rolle Washingtons in Venezuela

von Mark Weisbrot (Center for Economic and Policy Research)
Übersetzung: Tony Kofoet / ZNet

Washington (8. Dezember 2004) Wenn man auf die gestörten diplomatischen Beziehungen zu den USA zu sprechen kommt, wird Venezuelas Präsident Hugo Chavez gewöhnlich die Schuld dafür zugewiesen. Seine wiederholte Anprangerung von "US-Interventionen" in Venezuela wird als Beweis dafür gewertet, dass er den USA gegenüber feindlich eingestellt sei.

Aber die Beweise, die belegen, dass Washington für die Störungen in den Beziehungen mit unserem drittgrößten Erdöllieferanten verantwortlich ist, nehmen zu. In der letzten Woche berichtete die New York Times über kürzlich veröffentlichte CIA-Dokumente, die beweisen, dass unsere Regierung im Voraus von dem Militärputsch wusste, der die demokratisch gewählte Regierung Venezuelas kurzzeitig vom 11. bis 13. April 2002 zum Sturz brachte. Die Bush-Administration warnte Venezuela nicht einmal vor dem Putsch, sondern behauptete sogar, es habe sich dabei überhaupt nicht um einen Staatsstreich gehandelt.

"Sie logen, als sie behaupteten, nichts von den Drohungen über den Putsch vor dem 11. April gewusst zu haben, und ebenso als sie behaupteten, es habe sich dabei um einen Volksaufstand gehandelt, von dem sie wussten, dass er wochenlang vorher geplant worden war," sagte der US-Kongressabgeordnete Jose Serrano aus New York City heute. Die Dokumente (erhältlich unter www.venezuelafoia.info/CIA/CIA-index.htm) zeigen deutlich, dass das Weiße Haus wusste, dass es detaillierte Pläne für einen Staatsstreich im April gab, welche die Festnahme des Präsidenten beinhalteten und "um militärische Aktionen zu provozieren, die Planer des Putsches versuchen wollten, Unruhen auszunutzen, die von oppositionellen Demonstrationen herrührten." Und genau das geschah am 11. April.

Am 12. April jedoch gab der Sprecher des Weißen Hauses Ari Fleischer die Version der Putschisten wieder und behauptete, Demonstrationen hätten zum "Rücktritt" von Chavez geführt und die Regierung sei für die gewalttätigen Auseinandersetzungen verantwortlich. "Als Ergebnis dieser Ereignisse ist Präsident Chavez von seinem Amt zurückgetreten. Vor seinem Rücktritt entließ er den Vizepräsidenten und das Kabinett, eine zivile Übergangsregierung wurde errichtet", so Fleischer.

Diese falsche Version der Ereignisse gestattete es der Bush-Administration, die Putschisten-Regierung, welche die Abschaffung der venezolanischen Verfassung, des Parlaments und des Obersten Gerichtshofes in Gang setzte, zu unterstützen. Die US-Administration machte die Unterstützung der Putschisten-Regierung am folgenden Tage rückgängig, nachdem diese diplomatisch isoliert war.

Diese Täuschung beweist, dass die Unterstützung des Umsturzes der venezolanischen Demokratie durch die Bush-Administration weiter ging, als vorher behauptet wurde. Mit anderen Worten hat die Bush-Administration nicht nur über das, was sie wusste, gelogen, sondern die Führer des Putsches aktiv bei ihrem kurzlebigen Versuch unterstützt, die Medien und die Welt zu überzeugen, dass "eine zivile Übergangsregierung" rechtmäßig die Macht ergriffen habe, um die Öffentlichkeit von einer vermeintlichen vom Staat ausgehenden Gewalt zu schützen. Und das, obwohl sie wusste, dass diese Behauptung falsch war und der Militärputsch Teil eines Plans war, von dem sie im Voraus Kenntnisse hatte.

Weitere Beweise für diese Bemühungen kommen vom ehemaligen mexikanischen Außenminister Jorge Castaneda, der der Presse kürzlich mitteilte, die USA und Spanien hätten versucht, diplomatische Unterstützung für die Putschisten zu gewinnen.

Aber Washingtons Bemühungen, die demokratische Regierung Venezuelas zu stürzen, begannen oder endeten nicht mit dem Staatsstreich vom April 2002. Das US-Außenministerium vermerkte in seiner internen Untersuchung über Washingtons Rolle beim Coup, dass "das Außen- und das Verteidigungsministerium bei der Ausbildung, beim Aufbau von Institutionen und der Unterstützung diverser Programme im Gesamtwert von 3,3 Millionen Dollar an venezolanische Institutionen und Einzelpersonen gesorgt haben. Von einigen dieser Organisationen wird vermutet, dass sie an den [Staatsstreich-] Ereignissen vom 12. bis 14. April beteiligt waren."

Das Gleiche gilt für die National Endowment for Democracy (Nationale Stiftung für Demokratie/NED), die vom US-Kongress finanziert wird. Nach dem gescheiterten Staatsstreich versah die NED weiterhin Oppositionsgruppen - einschließlich einiger, die von Anhängern des Putsches geführt wurden - mit Geldmitteln, bei dem Versuch Präsident Chavez in einem Referendum am 15. August diesen Jahres abzuberufen. Diese Bemühungen scheiterten bei einer Mehrheit von 59 zu 41 Prozent und bedeuteten den dritten überwältigenden Wahlsieg für Chavez.

Als Resultat der Bemühungen des Kongressabgeordneten Serrano wird die NED den Kongressabgeordneten erklären müssen, wie US-Steuergelder dafür benutzt wurden, Putschisten-Führer zu finanzieren und andere Maßnahmen durchzuführen, die in einem krassen Gegensatz zur eigentlichen Aufgabe der NED steht, "die Demokratie zu fördern". Aber wir brauchen jetzt eine ausführlichere, unabhängige Untersuchung über die Aktivitäten unserer Regierung in Venezuela.

Präsident Chavez hat mir mitgeteilt, dass er normale und gute Beziehungen zu den USA wünsche, etwas, was er unzählige Male sowohl öffentlich als auch privat wiederholt hat. Aber er besteht auch darauf, dass Washington die Demokratie in seinem Land zu respektieren habe. Das sollte nicht zuviel verlangt sein."



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