|
17.05.2007Die Grüne Gen-Technik - Teil 2: Die Mär von der Umweltfreundlichkeit(MF) Befürworter der grünen Gen-Technik argumentieren immer wieder gerne, dass diese Technik den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren oder gar überflüssig machen könnte. Dieses Argument hat sich nicht nur als falsch erwiesen, sondern der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVO) führt zum Einsatz von immer mehr und immer giftigeren Pflanzenschutzmitteln – und noch mehr Gentechnik. Auch sind mittlerweile wilde Auskreuzungen in Wildkräutern nachgewiesen worden – ein Umstand der zu beunruhigenden Konsequenzen führen könnte.Das von dem Konzern Monsanto geschaffene Herbizidresistente- (HR-) System "Roundup" gilt als Musterbeispiel, wie Gentechnik zu immer aggressiveren und giftigeren Herbiziden führt. Bei dem "Roundup"-System werden die Felder zunächst mit einem Herbizid behandelt, das den Wirkstoff Glyphosat enthält. Dieses ist - wie das im Vietnamkrieg eingesetzte "Agent Orange"- ein Breitbandherbizid, das so ziemlich jede Grünpflanze abtötet, mit der es in Berührung kommt. Der Wirkstoff wird über die Blätter der betroffenen Pflanze aufgenommen und unterdrückt ein stoffwechselaktives Enzym (EPSP-Synthease), das zur Herstellung von lebenswichtigen Aminosäuren benötigt wird. Eine Pflanze, die mit "Roundup" kontaminiert wurde, stellt das Wachstum ein und stirbt innerhalb einer Woche ab. Auf Feldern die derart behandelt wurden, wächst zunächst einmal nichts mehr – weder Unkraut noch Feldfrucht – zumindest keine natürlich vorkommende Feldfrucht. Stattdessen wird auf diesen Feldern genmanipuliertes Saatgut ausgebracht. Die sog. "Roundup-Ready-Palette" ist in erster Linie für Raps, Sojabohnen und Mais verfügbar. Diesen GVO wurde ein Gen eingebaut, das sie gegen Glyphosat weitgehend resistent macht. Ein wahres Wunder für die Landwirtschaft, so möchte man meinen: ein Feld ohne Unkraut und auf dem ausschließlich Feldfrüchte wachsen. Außerdem soll Glyphosat – im Gegensatz zu "Agent Orange" vollständig biologisch abbaubar sein. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. So gibt es z. B. auch natürlich vorkommende Pflanzen, die gegen Glyphosat resistent sind oder zumindest solche Giftangriffe überleben können. Wird eine große Fläche regelmäßig mit dem Herbizid behandelt, so können sich diese Pflanzen besonders schnell ausbreiten ein sog. Superunkraut entsteht und macht den Landwirten das Leben schwer. Aus diesem Grunde muss das Herbizid immer häufiger und in höheren Konzentrationen angewendet werden, wobei dann auch die GVOs geschädigt werden. Ein besonders spektakuläres Beispiel für ein derart entstandenes Superunkraut ist das "Kanadische Berufskraut" (Conyza canadensis). Dieses Unkraut wurde in seiner jetzigen Form zum ersten Mal im US-Bundesstaat Delaware nach zweijähriger Anwendung von Glyphosat beobachtet. Es ist gegen das Herbizid resistent und wuchert nun regelrecht in den dortigen Feldern. Auch scheint es mit der biologischen Abbaubarkeit nicht sehr weit her zu sein. So konnte man bereits im Jahre 2005 im Wissenschaftsjournal Science nachlesen, dass Glyphosat in den Pflanzen nicht vollständig abgebaut wird, sondern sich in den Meristemen (Gewebetyp der Pflanzen, der aus embryonalen Zellen besteht) anreichert. Daraufhin änderte man die Strategie. Man suchte nach Bakterien, die in der Lage sind, Glyphosat zumindest in geringen Konzentrationen zu tolerieren und abzubauen. In einem Verfahren, das sich "gerichtete Evolution" nennt, wurden Bakterien gezüchtet, die Gene enthalten, die Enzyme mit stärker ausgeprägten Entgiftungseigenschaften kodieren. Das Ergebnis enthielt ein Enzym, das Glyphosat zehntausend Mal besser abbauen konnte als das Originalenzym. Der betreffende Genabschnitt des Bakteriums wurde danach in eine Maispflanze eingebaut – welche daraufhin eine sechsfach höhere Konzentration der normalen "Roundup"- Konzentration vertragen konnte. Mit dieser so geschaffenen Pflanze können die Landwirte den Superunkräutern zu Leibe rücken, da sie nun die sechsfache Menge an "Roundup" auf die Felder bringen können ohne ihrer eigenen Feldfrucht zu schaden. Aber schon jetzt ist klar, dass der Erfolg nur von kurzer Dauer sein kann, und dass bei diesem Prozess noch aggressivere Superunkräuter entstehen werden, welche mit noch mehr Gift und noch mehr Gentechnik bekämpft werden müssen – weder ökonomisch noch ökologisch der richtige Weg. So wurden britische Wissenschaftler bei einer groß angelegten Studie von einem Superunkraut überrascht: An sich harmloser Wildsenf mutierte zum Superunkraut. Was war geschehen? Die britische Regierung wollte in einer weltweit einzigartigen Studie die Auswirkungen von GVOs in der Landwirtschaft untersuchen und investierte 8,5 Mio. Euro. Insgesamt wurden in ganz Großbritannien dazu extra 273 Versuchsfelder angelegt, denn einen kommerziellen Anbau von GVOs gibt es auf der Insel nicht. Die Versuchsfelder wurden zweigeteilt: Auf der einen Hälfte wurden GVOs angebaut, auf der anderen Hälfte konventioneller Landbau betrieben. Drei Jahre wurden die Felder von der leitenden Dachorganisation dem Department for Environment Food and Rural Affairs (DEFRA) beobachtet. Angebaut wurden auf GVO-Seite HR-Systeme wie "Roundupready" von Monsanto (Wirkstoff Glyphosat) oder das "LibertyLink-System von Bayer CropScience (Wirkstoff Glufosinat). Die Ergebnisse sind alles andere als ermutigend und führten selbst für Gentechnik-Kritiker zu überraschenden Ergebnissen. So wirkte sich der Anbau herbizidresistenter GVO insgesamt negativ auf die Artenvielfalt der Agrarökosysteme aus. Insbesondere dort, wo HR-Raps und HR-Rüben angebaut wurden, nahm die Biodiversität ab: Ein Rückgang zwischen 30% und 40% bei Blütenpflanzen, Blüten und Samen wurde verzeichnet. Mit dem Rückgang der Wildkräuter ging gleichzeitig ein Rückgang bei dem Bestand an Insekten einher. Besonders betroffen waren Bienen und Schmetterlinge. Außerdem ging mit dem Rückgang der Wildkräuter auch eine Abnahme der Samen einher. Diese sind wiederum eine wichtige Nahrungsquelle für kleine Säugetiere und Vögel. Computersimulationen, die auf den Versuchsergebnissen beruhen, ergeben, dass die Populationen von Zaunammer und Feldlerche stark dezimiert würden. Die Wildkräuter Vogelmiere (Stellaria media) und der Weiße Gänsefuß (Chenopodium album) würden in ihrem Bestand rapide abnehmen: Beide Pflanzen bilden jedoch die Nahrungsquellen für zahllose Tiere. Der Anbau von HR-GVO-Systemen führt zu einem beschleunigten Artenverlust. Auch wurde das Auskreuzungspotential von Mais, Raps und Zuckerrüben weit unterschätzt. So wurden Raps-Fangpflanzen mit transgenen Pollen bestäubt, die in einer Entfernung von 26 km wuchsen.
Damit noch nicht genug der Schreckensmeldungen, denn mittlerweile wird das Herbizid des "Roundup-Systems" mit dem Rückgang der Amphibien in Verbindung gebracht. Zwar betont Monsanto immer wieder, dass das Beitbandherbizid biologisch abbaubar sei und im Grunde zwar alles an Pflanzen abtötet, was abtötbar ist, aber ansonsten völlig harmlos sei. Jedoch konnte Rick Reylea von der Universität in Pittsburg einen Zusammenhang zwischen "Roundup" und dem mysteriösen Froschsterben in den USA nachweisen. In zwei veröffentlichten Studien wurde aufgezeigt, dass das Herbizid für Frösche und Kröten hochgiftig ist. Bisher wurde von Monsanto behauptet, das Herbizid werde vom Boden aufgenommen und dadurch harmlos werden. In groß angelegten Versuchen wurden Frösche unter Freilandbedingungen mit dem Herbizid im Boden in Berührung gebracht. Fast alle Kaulquappen von drei verschiedenen Froscharten verendeten daraufhin. Selbst als man nur ein Drittel der Konzentration der üblichen Menge, die auf den Feldern ansonsten ausgebracht wird, einsetzte, verendeten immer noch 71% der Kaulquappen. Den ausgewachsenen Fröschen erging es nicht besser: wurde die von Monsanto empfohlene Menge eingesetzt, so starben bis zu 86% der Frösche, die sich auf dem Trockenen aufhielten, an einem Tag. Es ist auch nicht der Wirkstoff Glyphosat, der das Amphibiensterben verursacht, sondern der beigemischte Wirkstoff Tallowamin. Diese Substanz sorgt dafür, dass das eigentliche Herbizid Glyphosat über die Blätter in die Pflanzen eindringen kann. Selbst wenn der Wirkstoff Glyphosat für Mensch und Tier unbedenklich sein sollte, wie Monsanto immer wieder behauptet, der Wirkstoff Tallowamin ist es sicher nicht.
Es sei die Anmerkung erlaubt, dass bis zum heutigen Tag in Großbritannien kein kommerzieller Anbau von GVO erfolgt. Der einzige bisherige Anbau dort fand ausschließlich zu Forschungszwecken statt. Wales und weitere 20 britische Kommunen haben angekündigt, dass auf ihrem Gebiet keine GVO angebaut werden. Quellen und weiterführende Literatur:
Bildnachweis: Bild © newsatelier, unter Verwendung von Material von photocase.de Diskutieren Sie zu diesem Thema im newsatelier-Forum.
|