Alternative Energien

08.07.2003

(MF) Hauptenergieträger unserer Zivilisation sind bisher fossile Brennstoffe. Doch die Vorräte gehen nach und nach zu Ende. Auch ist die Emission von Treibhausgasen problematisch. Aus diesem Grund versuchen weltweit Ingenieure Alternativen zu entwickeln. Obwohl diese Problematik bekannt ist, steckt die Forschung nach alternativen Energien noch in den Kinderschuhen und wird in einem viel zu geringem Ausmaß gefördert. Auch könnte hier eine Zukunftschance für den Arbeitsmarkt liegen.

Sonnenenergie (Photovoltaik) ist ein vielversprechender Kandidat zur Lösung des anstehenden Energieproblems. Mittlerweile gibt es Solarzellen, die auch in unseren Breitengraden anwendbar sind. Ihnen reicht schon das diffuse Licht, das man bei dem bei uns oft bewölkten Himmel vorfindet, um aus dem Sonnenlicht Strom zu gewinnen. Die Herstellung von Siliziumzellen ist jedoch energieintensiv (Die Herstellung einer Siliziumzelle bedarf soviel Energie wie sie selbst in fünf Jahren produziert). Eine Kilowattstunde kostet mit Solarzellen deswegen rund 90 Cent, das ist viel mehr als die Kilowattstunden aus einem konventionellen Kraftwerk, die bei rund 1,5 Cent liegen.
An der Lösung dieses Problems wird derzeit gearbeitet. Der derzeitige Standart-Silizium-Wafer besteht aus einer drei Millimeter dicken Schicht. Allerdings verwandelt nur eine sehr dünne Schicht an der Oberfläche das Sonnenlicht in Strom. Um dieses teure und energieintensive Material zu sparen, wird derzeit an der Entwicklung von 0.3 Millimeter dicken Silizium-Folien gearbeitet. Eine andere Entwicklung geht dahin Glasscheiben mit einer 1,5 Mikrometer dicken Schicht aus Kupfer-Indium-Diselenid zu bedampfen und will damit dem klassischen Silizium-Wafern Konkurrenz zu machen. Zwar erreicht das neue Material nur einen Wirkungsgrad von 13 % (Silizium-Wafer erreichen 16%), dafür ist das Material allerdings günstiger und könnte sich damit rechnen.

Die Förderung von Solarenergie durch die derzeitig amtierende Bundesregierung hat Deutschland zum Weltmarktführer in Sachen Photovoltaik gemacht. Allein in den letzten drei Jahren wurden hier über eine Milliarde Euro in deutsche Solarfabriken investiert. Weitere Investitionen sind geplant. Das dürfte sich auch positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken.

Solarthermie eignet sich für die Breitengrade, wo es genug direkte Sonneneinstrahlung gibt. Solarthermische Kraftwerke arbeiten wie überdimensionierte Brenngläser: Mehrere Spiegel (Kollektor) sammeln das Sonnenlicht ein und reflektieren es auf einen Brennpunkt (Receiver), und erhitzt das dort im inneren fließende Transportmedium.
Vielversprechend ist das sog. Parabolrinnensystem. Parabolförmige Spiegel fokussieren das Licht auf sog. Absorberrohre. In diesen Rohren fließt ein Thermoöl welches durch Sonnenlicht erhitzt wird und dann zu Wärmetauschern transportiert wird. Dort wird mit der Wärme Dampf erzeugt, der wiederum Turbinen zur Stromerzeugung antreibt.
Diese Parabolrinnen sind kostengünstig und wetterbeständig. Das in Kalifornien betriebene weltweit größte Werk arbeitet wirtschaftlich und erzeugt 354 Megawatt mit denen es 150.000 Menschen versorgt. Die Kilowattstunde kostet rund 15 Cent. Solche Anlagen sind zwar landschaftsverbrauchend (das Kalifornische Solarthermiewerk besteht aus 2,5 Millionen Quadratmetern Spiegelfläche), aber da es sich meist um Wüstenregionen handelt, die ansonsten nicht weiter nutzbar sind, dürfte dieser Landschaftsverbrauch zu vertreten sein.
Damit dürfte die Nutzung und Erzeugung auch für Wüstenregionen im arabischen und vor allem afrikanischem Raum interessant sein. Notwendig dazu wäre jedoch ein erheblicher Wissens- und Technologietransfer. Die Aussicht darauf, kostengünstig Strom für die eigene Versorgung oder sogar für den Export in die westliche Welt zu produzieren, könnte diese Staaten langfristig von der bisherigen Entwicklungshilfe unabhängig machen und zu politisch erheblich stabileren Verhältnissen führen.

Windenergie ist die derzeit meistverbreitete alternative Energieträger. Obwohl diese nur in einem geringen Umfang staatlich gefördert wird, bewegt sich diese bereits jetzt schon in ökonomisch sinnvollem Rahmen. Moderne Windenergieanlagen erreichen derzeit einen Wirkungsgrad von 45 %. Und können bis zu 2,5 Megawatt Leistung bringen. Im Binnenland kostet die Kilowattstunde zwischen 5,5 und 13 Cent, je nach Standortbedingungen. Deutschland ist in Sachen Windenergie mit über 12.000 Windrädern und einer Leistung von zehn Gigawatt "Weltmeister"; weltweit werden insgesamt 27 Gigawatt elektrische Leistung erzeugt, 75 % davon allein in der EU. Allein Deutschland konnte mit seiner Leistung im Jahre 2001 über zehn Millionen Tonnen an Kohlendioxid-Emissionen einsparen.
Da solche Windkraftanlagen landschaftsverbrauchend sind, hat Dänemark sich zu einem "Offshore"-Windpark entschieden. Die Anlage liegt 10 Kilometer nordöstlich von Esbjerg in rund zehn Meter tiefem Küstengewässer. Dort stehen 80 Windgeneratoren und erzeugen derzeit 160 Megawatt. Der zusätzliche Vorteil einer Anlage in den Küstengewässern liegt darin, dass dort immer ausreichend starker Wind zum Betreib der Anlagen herrscht. Deutsche "Offshore"- Parks die 30 - 40 Kilometer weit in der Nordsee liegen sollen, sind derzeit in Planung.

Wasserkraft ist überall dort nutzbar, wo große Flüsse mit ausreichender Durchflussmenge zu finden sind. Notwendig dazu ist auch ein ausreichendes Gefälle. Ist dieses nicht groß genug, so muss ein künstliches Gefälle erzeugt werden, indem Staudämme errichtet werden. Das angestaute Flusswasser strömt durch die Turbinen des Laufwasserkraftwerks unterhalb der Staumauer und treibt diese an.
Der Bau von Staudämmen hat den Nachteil extrem landschaftsverbrauchend zu sein. Außerdem hat sich gezeigt, dass sich das Eindämmen von Flüssen nachhaltig negativ auf die Umgebung einwirkt. Durch das Eindämmen von Flüssen und Seen gehen die Polder und Auenlandschaften zurück, was zur Folge hat, daß ganze Ökosysteme verschwinden, regelmäßig zu Hochwassern führen und den damit verbundenen Überflutungen ganzer Städte. Auch muss für das Aufstauen des Flusses selber einiges an Fläche zur Verfügung gestellt werden. Von Vorteil sind dafür die geringen Betriebskosten solcher Anlagen. Derzeit werden in Deutschland 90 % der regenerativen Energie durch Wasserkraft abgedeckt.

Gezeitenkraftwerke verstromen die Wellenbewegung des Wassers nach dem Prinzip einer oszillierenden Wassersäule. Die Energie die in den Meereswellen gespeichert ist beträgt global rund einhundert mal mehr Energie als die Menschheit derzeit verbraucht. Herzstück einer solchen Anlage ist eine nach unten offene Kammer, in die Wasser eindringen kann. Dort kann es auf- und abschwingen. Durch diese Schwingbewegung innerhalb der Kammer wird die sich darin befindliche Luft durch eine Turbine ins Freie gepresst bzw. in die Kammer hinein gezogen. Das sog. "Atmen" treibt die Turbine an, die daraus wiederum Strom erzeugt. Ein solches Gezeitenkraftwerk ist derzeit auf der brit. Insel Islay in Betrieb und erzeugt 500 Kilowatt Strom.
Ein anderer Typ Gezeitenkraftwerk eignet sich für Orte mit hohem Tidenhub, also der Ausnutzung von Ebbe und Flut bei einer hohen Pegeländerung in Flussmündungen. Eine große Mauer mit Turbinen schottet den Fluss oder die Bucht gegen das Meer ab. Je nach Gezeit fließt dann das Meer in den Fluss hinein bzw. Flusswasser in das Meer. Diese Fließbewegungen treiben wiederum Turbinen zur Verstromung an.
Ein mittlerweile veraltetes Werk, das nach diesem Prinzip arbeitet und 240 Megawatt erzeugt steht derzeit in Saint Malo. Allerdings ändern solche recht massiven Eingriffe das Ökosystem der Flussmündung (oder auch in das Ökosystem einer Bucht). Aus diesem Grunde werden derzeit Alternativen entwickelt, in dem man Türme und Rotoren unter Wasser, sog. "Unterwasser-Windkraftanlagen", testet. Eine solche Anlage vor Cornwall hat ihren Testbetrieb aufgenommen und liefert derzeit eine Leistung von 359 Kilowatt. Eine von der EU in Auftrag gegebene Studie hat ergeben, dass Europa derzeit rund 106 geeignete Standorte für solche Gezeitenkraftwerke besitzt und die Leistung, die damit erzeugt werden könnte, wird auf 12.500 Megawatt geschätzt.

Nachwachsende Rohstoffe basieren auf der indirekten Nutzung von Sonnenenergie. Diese Energie benutzt der Mensch seitdem er das Feuer für seine Zwecke kultiviert hat. Denn Holz oder Stroh entstehen durch Photosynthese, die wiederum auf der Umwandlung von Sonnenenergie in Pflanzenmaterial basiert. Diese Energiegewinnung setzt vor allem auf Nachhaltigkeit: Nur was nachwachsen kann und damit Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnimmt, darf auch zur Energiegewinnung verfeuert werden und Kohlendioxid ausstoßen.
In diesen Breitengraden wird u. a. das Energiegetreide Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, diskutiert. Ökonomisch wäre ein solcher Anbau von Vorteil, weil er Arbeitsplätze in der krisengeschüttelten Landwirtschaft sichern könnte. Das Getreide wird bei einem Feuchtigkeitsstand von 15% geerntet und zu Ballen verpresst, um von dem landwirtschaftlichen Betrieb zu den Kraftwerken transportiert zu werden. In diesem Falle sollen in erster Linie dezentrale Kraftwerke für die Versorgung kleinerer Kommunen beliefert werden, wodurch lange und energieaufwendige Transportwege wegfallen. Nachteilig ist jedoch die dazu notwendige Düngung der Böden, die in der Landwirtschaft ein generelles Problem darstellen.
Eine andere Möglichkeit, die derzeit erprobt wird, ist die Erzeugung von Biogas durch Holz. Dabei wird alles verwendet, was an Holz anfällt: Äste, Schwachholz und Holzabfälle (wie z. B. bisher ungenutzte Abfälle aus Sägewerken), Altholz (das beim Sperrmüll abfällt und bisher ungenutzt verworfen wird). Das bis dato der Verwertung entzogene Holz wird in kleinen Anlagen vergast. Das so gewonnene Biogas wird dann gereinigt und in einem Gasmotor verbrannt, welcher wiederum Turbinen antreibt. Ein solches Werk kann bis zu 5 Megawatt elektrischer Leistung erzeugen. Auch hier wird auf die dezentrale Energieversorgung gesetzt, da die entstehende Wärme in ein Fernwärmenetz eingespeist werden soll. Der Wirkungsgrad bei diesen Werken liegt bei bis zu 38 %. Eine Versuchsanlage ist derzeit in Oberhausen in Betrieb.
Insgesamt sind nachwachsende Energielieferanten derzeit immer wieder im Gespräch. Auch als Ersatz für Treibstoffe in Automobilen sind sie gefragt. Mehr dazu in dem newsatelier-Artikel "Jojobaöl könnte Diesel ersetzen".

Geothermie ist die derzeit wohl exotischste Form der Energiegewinnung. Die Erde strahlt ca. zehn mal mehr Energie in den Weltraum ab, als die Menschheit an Primärenergie verbraucht. Obwohl diese Energie rund um die Uhr zur Verfügung steht, spielt diese global kaum eine Rolle.
Die meisten hydrothermalen Kraftwerke stehen in vulkanisch aktiven Gebieten. Dort wird das auf über 100 °C erhitzte Grundwasser genutzt. Aus Kilometer tiefen Bohrlöchern wird das Grundwasser angezapft, das durch diese in die Höhe schießt und einem Wärmetauscher zugeführt wird. Der Nachteil bei dem Verfahren besteht darin, dass oft heiße, ätzende Brühe nach oben schießt. Solche Anlagen werden derzeit in Island betreiben, wo diese nicht Strom sondern auch Fernwärme liefern. Ein Werk dort liefert rund sechzig Megawatt elektrischer Leistung.

Neuere Verfahren, die derzeit entwickelt werden, nutzen das natürlich zerklüftete Gestein in fünf Kilometern Tiefe als natürlichen Wärmetauscher, das sog. "Deep Heat Mining". Der Erdmantel ist in dieser Tiefe rund 150 - 200°C heiß. Notwendig sind zwei Injektionsbohrungen. Durch ein Bohrloch wird kaltes Wasser in den Erdmantel eingeleitet und tritt überhitzt durch das andere wieder hervor. In zwei Jahren soll ein Kraftwerk im elsässischem Soultz-sous-Forêts zwanzig Megawatt Wärme und sechs Megawatt Strom erzeugen. Die Schweiz plant ähnliches: Dort soll Basel mit der ersten kommerziellen Anlage mit Fernwärme versorgt werden. In Deutschland wird Geothermie fast ausschließlich für Fernwärme genutzt.

Brennstoffzellen sind derzeit die Hoffnungsträger deutscher Energieunternehmen. In Brennstoffzellen werden Wasser- und Sauerstoff zu Wasser kalt verbrannt. Die dabei freiwerdenden Elektronen erzeugen elektrischen Strom. Notwendig dazu ist eine räumliche Trennung der beiden Stoffe. Sie können innerhalb der Brennstoffzelle nur über einen Elektrolyten miteinander reagieren. Den benötigten Sauerstoff dazu liefert die Luft, die Bereitstellung des Wasserstoffs wird derzeit als eigentliches Problem betrachtet. Derzeit wird Erdgas als Wasserstofflieferant (in Hochtemperaturzellen soll dieses in Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasserstoff zerfallen) ins Auge gefasst. Dieses ist zwar noch reichlich vorhanden, ist aber ein fossiler Brennstoff und damit letztendlich auch begrenzt verfügbar.
Sollte das Problem mit der Wasserstoffversorgung gelöst werden, haben Brennstoffzellen ökonomisch große Chancen. Die Stromerzeugung soll dezentral in jedem Haus stattfinden. Überschüssig erzeugter Strom wird ins Netz gespeist. Der Wirkungsgrad von Brennstoffzellen liegt derzeit bei 55 %.
Diese Aussichten haben dafür gesorgt, dass der Markt in Sachen Brennstoffzellen schon jetzt heiß umkämpft ist. Milliardenschwere Investitionen stehen an und sollten somit auch für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen sorgen, denn Planungen sehen vor, Brennstoffzellen für Automobile zu entwickeln und damit den Verbrennungsmotor abzulösen.

Die Zukunft wird sicherlich von der bisherigen Großkraftwerken weggehen. Das Stromnetz der Zukunft wird aus kleinen dezentralen Einheiten tausender ökologisch vertretbarer zusammengeschlossener Versorger bestehen.
Tausende von Brennstoffzellen in Privathäusern, gemeinsam mit Solarzellen, Windrädern und Biomasse-Kraftwerken werden von einem Computersystem gemanagt. Strom wird nicht mehr Hunderte von Kilometern mit enormen Verlust transportiert, sondern vor Ort gewonnen und nur der überschüssige Strom ins Netz gespeist, um anderswo Engpässe auszugleichen.
Allerdings sind dazu nicht von Seiten der Energieunternehmen Investitionen notwendig, sondern auch massive Subventionen von staatlicher Seite. In diesem Sinne ist auch die erhobene Ökosteuer von Bedeutung. Allerdings sollte diese nicht zur Finanzierung der Rentenkasse missbraucht werden, sondern sie sollte in die Entwicklung alternativer Energien gesteckt werden, dies würde im übrigen arbeitsmarktpolitisch einen viel größeren Sinn machen und die Rentenkasse würde durch die Mehrbeschäftigung aufgrund der neuentstandenen Arbeitsplätze finanziert werden. Auch energiepolitisch ist die Förderung sinnvoll, denn eine extreme Verknappung der Vorräte an fossilen Brennstoffen ist absehbar. Damit dürfte Energie, die auf konventionelle Art gewonnen wird bald sehr teuer werden. Sollte die massive Förderung ausbleiben, würde nur noch die Kernenergie zur Lösung des Energie- und Ökologieproblems übrig bleiben. Aber genau das sollte nicht die Lösung sein.

 

Hauptseite                                                                   Wissen