Die Grenzen der Meinungs- und Kunstfreiheit
Zur Frage, ob die Grundrechte der Meinungs- und Kunstfreiheit Beleidigungen anderer im Internet erlauben

Auch im Internet erlauben Meinungs- und Kunstfreiheit keine massiven Verletzungen der Persönlichkeitsrechte eines anderen. So braucht man es nicht hinzunehmen, in einem Internetartikel als „dämlich“ und „bescheuert“ bezeichnet zu werden.

Das entschied jetzt das Landgericht Coburg und untersagte einem Herausgeber eines im Internet abrufbaren Magazins Veröffentlichungen mit entsprechendem Inhalt. Dass die Äußerungen in eine frei erfundene Geschichte mit dem Beleidigten als einer der handelnden Personen verpackt waren, ließ das Gericht dabei nicht als Rechtfertigung gelten. Das Recht auf Kunst müsse hier hinter den Anspruch auf Achtung der Persönlichkeit zurücktreten.

Sachverhalt:
Der Beklagte gibt ein im Internet abrufbares Fachmagazin heraus, in dem unter anderem auch Fahrzeuge zum Kauf und Verkauf angeboten bzw. vermittelt werden. Der Kläger, der über eine solche Anzeige ein Kfz erworben hatte, monierte per E-Mail beim Beklagten den in der Veröffentlichung seiner Meinung nach überhöht angegebenen Kaufpreis. Diesen „Leserbrief“ nahm der so Gerügte mit einem Artikel in sein Magazin auf – garniert durch eine Geschichte mit dem Kläger als einer Hauptperson und Begriffen wie „ dämlich“ und „bescheuert“. Außerdem war eine Abbildung von Figuren mit im Vergleich zum Schädelvolumen minimaler Gehirnmasse beigefügt. Der Kläger klagte auf Unterlassung.

Gerichtsentscheidung:
Mit Erfolg. Das Landgericht Coburg sah den Artikel jedenfalls in den Passagen, in denen die genannten Ausdrücke und die Abbildung gebraucht wurden, nicht als Karikatur oder satirische Übertreibung an, sondern als grobe ehrverletzende Entgleisung. Die Meinungsfreiheit finde ihre Grenzen dort, wo eine strafbare Beleidigung vorliege. Und das Persönlichkeitsrecht des Klägers überwiege im zu entscheidenden Fall das Recht des Beklagten auf freie künstlerische Darstellung – wobei dahinstehen könne, ob und in welchem Umfang der Artikel dem Kunstbegriff unterfalle. Das Gericht untersagte dem Beklagten daher solche Äußerungen. Für den Fall eines Verstoßes gegen dieses Verbot droht nun ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,- €.

Fazit des Gerichtes:
Grobe Verletzungen des Persönlichkeitsrechts muss niemand hinnehmen – gleich ob Leser eine Internetmagazins oder Bundespolitiker.
(Landgericht Coburg, Urteil vom 20.11.2002, Az: 21 O 595/02; rechtskräftig)


 

Internet: Keine Gegendarstellungen einforderbar
Im Internet lassen sich keine Gegendarstellungen einklagen. Das Landgericht Düsseldorf hat entschieden, daß es für solche Forderungen, anders als bei klassischen Medien, keine gesetzliche Grundlage gebe. Auch der Mediendienste-Staatsvertrag komme dafür nicht in Betracht. Beim Betreiber einer Homepage handele es sich nicht um einen Anbieter im Rechtssinn, weil das Länderabkommen nur solche journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote einbeziehe, die Inhalte periodischer Druckerzeugnisse wiedergäben. Auch ergebe sich durch das Verbreiten von Texten im Internet kein solcher Publizitätsgrad, daß dies einer von einem Massenmedium regelmäßig genutzten Informationsquelle gleichkäme.   
Landgericht Düsseldorf, 12 O 132/98
 

E-Mail: Unverlangte Werbung ist wettbewerbswidrig
Das unverlangte Versenden von Werbung über das Internet ist wettbewerbswidrig. Das Traunsteiner Landgericht urteilte, daß der Benutzer eines E-Mail-Anschlusses durch Werbe-Mails stärker belästigt wird als durch die grundsätzlich erlaubte Briefkastenwerbung. Für den Empfänger unverlangter Mails sei ohne Kenntnis des Inhalts nicht sicher zu beurteilen, ob die Post für ihn interessant sei, urteilten die Richter.

Über das Internet könne Werbung "unvergleichlich billiger, schneller, arbeitssparender und gezielter" ihre Empfänger erreichen als auf herkömmlichem Weg. Zwar sei es durch spezielle Programme möglich, Werbemails herauszufiltern. Dabei bestehe jedoch die Gefahr, daß irrtümlich auch andere Geschäftspost verlorengehe.

Das Gericht räumte ein, juristisches Neuland zu betreten: "Soweit ersichtlich, fehlt Rechtsprechung zur Wettbewerbswidrigkeit von E-Mail-Werbung." Nach europäischem Recht dürfen Werbemails an Verbraucher geschickt werden, die dies nicht ausdrücklich ablehnen. Nach Interpretation des Traunsteiner Landgerichtes läßt diese Regelung aber strengere Bestimmungen einzelner Mitgliedsländer zu.
Landgericht Traunstein, 2HK03755/97
 


Web: Die meisten Offline-Gesetze gelten auch Online
Die meisten Offline-Gesetze gelten auch Online. Das haben zwei Gerichtsentscheidungen erneut untermauert.

So verstößt nach dem Betriebsverfassungsgesetz die Homepage eines Betriebsrates im Internet gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Unternehmen.

Eine Krankenkasse darf im Internet keine vergleichende Beitragsrechnugn anbieten, da sie dadurch gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.
A
rbeitsgericht Paderborn, 1BV 35/97 und Oberlandesgericht Frankfurt 6 U 217/97
 

Private E-Mail am Arbeitsplatz: Keine Kündigung ohne Abmahnung
Wegen des Empfangs privater E-Mails am Arbeitsplatz darf einem Arbeitnehmer nicht ohne vorausgegangene Abmahnung gekündigt werden. Das hat das Arbeitsgericht Frankfurt entschieden.

Die Richter gaben damit der Klage einer Mitarbeiterin gegen eine Anwaltskanzlei statt und erklärten ihre fristlose Kündigung für unwirksam. Die Kanzlei hatte die fristlose Entlassung der Mitarbeiterin auf eine mündliche Anweisung an die Belegschaft gestützt. Hintergrund dieser Anweisung war offenbar die Befürchtung, das Computerprogramm könne mit so genannten Viren befallen werden. Trotzdem erhielt die Empfangsdame eine private E-Mail.

Laut Urteil ist der Verstoß nicht derart gravierend, dass darauf mit der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses reagiert werden dürfe. Durch eine Abmahnung hätte damit gerechnet werden können, das sich die Arbeitnehmerin künftig an die Anweisung halten werde. 
Arbeitsgericht Frankfurt; Az.: 5 Ca 4459/00
 

Kündigung von Mobbing-Opfer: In der Probezeit nicht sittenwidrig
Die Kündigung eines "Mobbing-Opfers" innerhalb der Probezeit ist nicht grundsätzlich als "sittenwidrig" anzusehen und daher zulässig. Das hat das Arbeitsgericht Frankfurt entschieden. Die Richter wiesen damit die Klage eines Aushilfemitarbeiters gegen ein Nachfolgeunternehmen der Hoechst AG zurück.

Dem Arbeitnehmer war noch vor Ablauf der sechsmonatigen Probezeit gekündigt worden, nachdem es im Betrieb zu Spannungen zwischen ihm und seinen Vorgesetzten gekommen war. Der Mitarbeiter fühlte sich an der Arbeitsstelle gezielt durch Mobbing ausgegrenzt. Vor Gericht erklärte er, dass er vergeblich versucht habe, mit der Vorgesetzten über deren Führungsstil ein Gespräch zu führen. Stattdessen habe man ihm gekündigt.

Laut Urteil beginnt der "Soziale Bestandsschutz" eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich erst nach dem Ende der Probezeit. Vorher dürfe ein Arbeitgeber auch dann kündigen, wenn sich am Arbeitsplatz unerfreuliche Vorgänge wie etwa "Mobbing" abgespielt hätten. Von einer "Sittenwidrigkeit" könne dabei nur in "ganz extremen Ausnahmefällen" ausgegangen werden. Spannungen zwischen Arbeitnehmern und Vorgesetzten gehörten mittlerweile leider zum Berufsalltag, sagte der Gerichtsvorsitzende. 
 
Arbeitsgericht Frankfurt; Az.: 6 Ca 6976/99



Auto kann nach 18 Monaten noch "neu" sein
(HN) Herr A war seit längerem auf der Suche nach einem neuen PKW. Endlich war der Traumwagen gefunden. Bei dem Verkaufsgespräch erwähnte der Verkäufer beiläufig, dass es von diesem Fahrzeugtyp seit 10 Monaten ein aktuelleres Modell gäbe.

Bei der Zulassung des PKW kam Herr A endlich drauf, was die Bemerkung des Verkäufers für ihn bedeutete. Sein "neuer" PKW war schon stolze 18 Monate alt. Herr A fühlte sich betrogen und verlangte wutentbrannt vom Autohaus den Wagen zurück zu nehmen und ihm den Kaufpreis von immerhin rund 30.000 € zu erstatten. Das Ansinnen wurde höflich, aber bestimmt zurückgewiesen. So landete der Rechtsstreit in der 2. Instanz letztlich vor dem Oberlandesgericht Bamberg.

Dieses entschied: Ein nicht gefahrenes Auto kann auch nach 18 Monaten als Neuwagen verkauft werden. Die Zusicherung "Neuwagen" ist nicht gleichzusetzen mit fabrikneu". Immerhin sei der Wagen ausschließlich aus Neuteilen hergestellt und durch die lange Standzeit nicht mangelhaft geworden.Herr A muß sich wohl oder übel mit seinem nicht ganz neuen Auto anfreunden.
Aktenzeichen: 6 U 9/02 OLG Bamberg
Quelle: MDR-Info

Beschimpfung im Internet gilt nicht als Beleidigung
Herr J ist ein ganz eifriger Internet-User. Surfen, Verschicken von E-Mails und die Beteiligung an den verschiedensten Foren sind seine großen Hobbys. Als es in einem Forum um die rechtliche Stärkung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ging, löste Herr J mit seiner deutlich geäußerten Meinung einen schriftlichen Proteststurm anderer Forumsteilnehmer aus. Er wurde als "Hanswurstschwuchtel" oder gar als  Arschloch" bezeichnet. Dieses wollte sich Herr J nicht bieten lassen und klagte auf Unterlassung.

Das Landgericht Köln entschied dazu: Einen Internet-Nutzer in einem Forum als  “Arschloch" zu bezeichnen, stellt nicht unbedingt eine Beleidigung im juristischen Sinne dar. Vielmehr handelt es sich um eine pointierte Missfallensäußerung aus konkretem Anlass. Deswegen verneinte das Gericht das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr und wies die Unterlassungsklage ab.
Aktenzeichen des Landgerichtes Köln: 28 T 8/01
Quelle: MDR-Info

                                                                                                                                                                                                                                               zurück ...