UNHCR: Flüchtlingsschutz in Deutschland

[16.10.2002]

Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) ruft zu einer völkerrechtsfreundlichen Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes auf.

(MS) In einem Eckpunktepapier zum Flüchtlingsschutz in Deutschland betont das UNHCR die Notwendigkeit, den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention vollständig umzusetzen. Dies betrifft vor allem die vom Gesetzgeber vorgesehene Anerkennung der nichtstaatlichen und geschlechtsspezifischen Verfolgung. Verbesserungsbedürftig hält das UNHCR auch den individuellen Abschiebungsschutz mit Blick auf Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, die bislang häufig auf eine allgemeine Abschiebestoppregelung politischer Entscheidungsträger angewiesen sind.

Das UNHCR setzt sich ferner dafür ein, bestimmten Flüchtlingsgruppen ein Bleiberecht einzuräumen, die in der Vergangenheit allein wegen der restriktiven Interpretation des Flüchtlingsbegriffs im Asylverfahren abgelehnt wurden. Dies betrifft z.B. Risikogruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien und afghanische Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt.

Das Zuwanderungsgesetz gibt zudem richtungweisende Impulse für die europäische Harmonisierung des Asylrechts. Aufgrund seiner langjährigen Asyltradition und seiner politischen Bedeutung kommt Deutschland in diesem Prozess eine entscheidende Rolle zu. Die UN-Organisation hofft deshalb, dass die neue Bundesregierung sich ausdrücklich für eine europäische Asylpolitik engagiert, die sich am Flüchtlingsschutz orientiert. UNHCR würde es zudem begrüßen, wenn der Bundestag sich intensiver am Harmonisierungsprozess beteiligen würde.

Nach Auffassung von UNHCR sollte Personen, die die Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention nicht erfüllen, aber wegen einer ernsthaften Bedrohung ihres Lebens, ihrer Freiheit oder ihrer persönlichen Sicherheit insbesondere durch einen bewaffneten Konflikt oder schwerwiegende Störungen der öffentlichen Ordnung nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, ein formeller Status und Zugang zu wichtigen Grundrechten ähnlich wie Flüchtlingen gewährt werden. Das Zuwanderungsgesetz hat hier wichtige Fortschritte erreicht, die jetzt weitergeführt werden müssen.

Personen, die Abschiebungsschutz erhalten haben, sollte regelmäßig eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden. Hierzu sollte in den Anwendungshinweisen klargestellt werden, dass die Ausreisemöglichkeit in einen anderen Staat nur dann zu prüfen ist, wenn konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass die Ausreise in einen anderen Staat möglich ist und dieser dem jeweils betroffenen Schutzsuchenden tatsächlich Schutz gewährt.

Ein Anspruch auf Abschiebungsschutz ist nach der geltenden Gesetzeslage grundsätzlich ausgeschlossen bei Gefährdungen, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist. Das bedeutet in der Praxis, dass Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge auf eine Abschiebestoppregelung politischer Entscheidungsträger angewiesen sind. Um auszuschließen, dass diese Personengruppe ohne jeden rechtlichen Schutz bleibt, empfiehlt UNHCR, den ergänzenden Schutz entsprechend des europäischen Richtlinienvorschlags neu zu gestalten. Übergangsweise sollte durch entsprechende Anwendungshinweise sichergestellt werden, dass ergänzend Schutzbedürftige Abschiebungsschutz erhalten, wenn keine so genannte Abschiebestoppregelung nach ergangen ist.

Darüber hinaus ist es ein wichtiges Ziel, die Ausgestaltung eines fairen und effizienten Asylverfahrens zu fördern. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist eine gesetzlich verankerte Verfahrens- und Rechtsberatung, die so derzeit in Deutschland nicht gegeben ist.

Ein weiterer Vorschlag betrifft die Einrichtung eines humanitären Aufnahmekontingents für von UNHCR anerkannte Flüchtlinge, die in ihren Erstzufluchtsländern keinen Schutz finden können. Ziel ist es dabei, pro Jahr rund 500 besonders schutzbedürftigen Personen die Aufnahme in Deutschland zu ermöglichen

Handlungsbedarf sieht UNHCR auch bei Maßnahmen und Konzepten zur freiwilligen Rückkehr von Personen in ihre Heimatländer, die nicht oder nicht mehr schutzbedürftig sind. Die UN-Organisation zeigt sich daran interessiert, aktiv an der Ausarbeitung einer entsprechenden Rückkehrpolitik und deren Umsetzung mitzuwirken.

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