07.03.2004

Haiti - Ein Land in Feuer und Chaos

(GH) Kein anderes karibisches Land kann so viele Putsche und Diktatoren vorzeigen, wie die Republik Haiti. Deswegen ist die einstige "Perle der Antillen" heute eines der ärmsten Länder der Welt. Die heutige Krisen- und Bürgerkriegsituation ist ein neuer Beweis für Misswirtschaft und Wirtschaftsprobleme, die in der westlichen Hälfte der Hispanischen Insel Gang und Gäbe sind.


Nationalflagge von Haiti


Daten über Haiti:
  • Offizieller Name: Republik Haiti (République d'Haiti, bzw. Répiblik Dayti)
  • Fläche: 27 750 km2
  • Einwohner: 7,4 Millionen
  • Hauptstadt: Port-au-Prince
  • Sprache: Französisch, Kreol
  • Religion: römisch katholisch (80%), protestantisch (16%), andere (4%). Den Voodoo-Kult übt 70% der Bevölkerung aus.
  • Währung: 1 Gourde = 100 Centimes
  • Kfz-Zeichen: RH
  • Nationalfeiertag: 01. Januar
  • Mitglied der UN seit 1945.
  • Größte Städte: Port-au-Prince, Cap-Haïtien, Les Cayes, Gonaïves
Während seiner ersten Reise hat Christoph Columbus am 6. Dezember 1492 die Insel Hispaniola entdeckt, wo er schnell die erste spanische Stadt gründete. 1511 wurde es unter dem Namen Santo Domingo eine spanische Kolonie. Zum Ende des XVI. Jahrhundertes sind die aruaks, die Ureinwohner Haitis ausgestorben. Sie wurden mit afrikanischen Sklaven ersetzt, trotzdem verlor die Kolonie zur Mitte des Jahrhunderts ihre politische und wirtschaftliche Wichtigkeit. 1697 wurde der westliche Teil der Insel den Franzosen gegeben (im Friedenspakt von Rijswijk, der den Krieg der Augsburgschen Liga beendete). Der östliche Teil blieb in spanischen Händen. Der neue Name war Saint Dominique. Im XVIII. Jhr. war die Blütezeit der Plantagenwirtschaft dort. Nach dem Ausbruch der Französischen Revolution (in 1791) kam es zu einem Sklavenaufstand. Nachdem der Französische Konvent in 1794 den Ureinwohnern Freiheit und Gleichheit sicherte, unterstützte der Rebellenführer Toussaint Louverture die Franzosen. Somit konnten die Spanier und Briten aus der Kolonie vertrieben werden. 1797 wurde Toussaint Louverture Oberbefehlshaber von Saint Dominique, welcher 1801 dem Land die erste Verfassung gab und sich zum Gouverneur auf Lebenszeit ernennen ließ. 1802 haben französische Truppen ihn in Gefangenschaft genommen, doch ein Jahr später konnten sie aus dem Land gejagt werden.

Am 01. Januar 1804 deklarierte Jean Jacques Dessalines die Unabhängigkeit. Der Name des souveränen Landes wurde Haiti ("Land der Berge"). Es wurde das erste unabhängige Land in Lateinamerika. Dessalines ließ sich im September zum Kaiser krönen als Jacques I. 1806 wurde er ermordet. Die um die Macht kämpfenden Generäle haben Haiti in zwei Teile gebrochen. Den Norden regierte Henri Christophe, der sich 1811 zum König krönen ließ (als Henri I.), der Süden gehörte Alexandre Pétion, der in einer Republik regierte. Das Land konnte erst 1820 wieder vereinigt werden unter Jean Pierre Boyer. Er stärkte auch die innere Sicherheit. In 1822 annektierte er auch den östlichen Teil der Insel, der erst nach seinem Sturz 1843 als Dominikanische Republik unabhängig wurde. 1847 wurde der General Faustin Soulouque Präsident des Landes, zwei Jahre später ließ er sich als Faustin I. zum Kaiser krönen. Sein Nachfolger, Nicholas Fabre Geffrard erklärte Haiti erneut zur Republik. Nach seinem Sturz 1867 verfiel Haiti wie schon so oft in Anarchie und stabilisierte sich nur unter Louis Salomon und Floréal Hyppolite ein wenig. 1915 kamen amerikanische Truppen, welche bis 1934 dort stationiert waren. Haitis Finanz- und Zollangelegenheiten wurden bis 1947 von den USA überwacht. Dumarsais Estimé führte die erste Wirtschafts- und Kulturreform ein. Sein Nachfolger, durch einen Putsch Präsident wurde, Paul Magloire wurde 1956 gestürzt.

Die nachfolgenden Jahrzehnte wurden die schlimmsten, die dieses Land je gesehen hat. François Duvalier und sein Sohn, Jean-Claude Duvalier regierten das Land unter Terror und Diktatur. Sie wurden bekannt als "Papa Doc" und "Baby Doc". Der ältere Duvalier (der die Wahlergebnisse fälschte) schloss die Mulatten aus der Regierung aus. Das und seine diktatorische Regierungsweise führten zu erneuten Rebellionen und Putschversuchen, welche aber fehlschlugen. Zu seiner Hilfe stand die halbmilitärische Terrororganisation Tontons Macoutes ("Menschen mit Ruten") bereit. Weil er sich stark gegen die Kommunisten aussprach, duldeten die Amerikaner das Regime von F. Duvalier. In 1964 ließ er sich zum Präsidenten auf Lebenszeit ernennen. Nach seinem Tod 1971, wurde sein Sohn Jean-Claude Präsident. Wegen des Drucks der USA wurde der Terror etwas milder, aber die Richtlinien blieben. Unter dem Regime der Duvaliers wurden ca. 30.000 Menschen getötet. Wegen den immer harscheren Anti-Regierungsstimmen, musste Duvalier jr. ins Exil gehen, aber Haiti blieb unter Militäraufsicht.

Ende 1990, in den ersten freien (!) Wahlen in der Geschichte Haitis gewann der katholische Armenpriester Jean-Bertrand Aristide, doch im September 1991 führte General Raoul Cédras einen Militärputsch an, in dessen Folge Aristide ins Exil gehen musste. Die Militärjunta ernannte einen neuen Präsidenten (Joseph Nerette) doch die Macht war beim Militär. Die Junta schaffte die demokratischen Institutionen ab. Die folgende Zeit erinnerte an die Duvalier-Diktatur. Die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) erkannte die Regierung nicht an und verweigerte die Hilfe für Haiti. Deswegen, wegen der Unterdrückung und wegen der immer aussichtsloseren wirtschaftlichen Lage versuchten Zehntausende von Haitianern in die USA zu fliehen. Der Sicherheitsrat der UN versuchte mit einer Reihe von Sanktionen die Rückkehr Aristides zu sichern, doch es funktionierte nicht. Deshalb bekam die USA die Vollmacht für die Invasion von Haiti. Man einigte sich im September 1994 über die friedliche Übernahme der Macht, so konnte Aristide (der im diesem Jahr sein Priesteramt niederlegte und später heiratete) wieder in den Präsidentenpalast einziehen. 1996 unterlag Aristide in den Wahlen gegen seinen ehemaligen Ministerpräsidenten René Garcia Préval. Die Zahl der Auswanderer war und ist enorm. Ca. eine Million Haitianer lebt im Exil in der Dominikanischen Republik oder in den USA.

Im Jahr 2001 gewann Aristide erneut die Wahlen. Das Land versank wieder in eine wirtschaftliche Misere, 80 % der Bevölkerung ist arbeitslos und 60 % können weder lesen, noch schreiben. Haiti ist eines der ärmsten Länder der Welt (es wird nur übertroffen von einigen afrikanische Länder). Anfang Februar diesen Jahres brach erneut ein Bürgerkrieg aus. Die Rebellen forderten den Rücktritt Aristides. Der bezeichnete diese als Terroristen. Danach eroberten die Rebellen die größten Städte nacheinander (zuerst Gonaïves, danach Cap-Haïtien und Les Cayes). Erst als die Rebellen um den jungen Ex-Polizeichef Guy Philippe die Hauptstadt Port-au-Prince erreichten, floh Aristide aus dem Land und trat zurück. Während der Rebellion starben bisher mehr als 100 Menschen. Aristides Nachfolger wurde gemäß der Verfassung der Präsident des Obersten Gerichtshofes, Boniface Alexandre. Philippe hat sich zum neuen Militärchef ernannt und will sich Alexandre unterordnen. Politische Ambitionen soll er nicht haben (nach eigenen Angaben). Internationale Friedenstruppen aus den USA, aus Frankreich und aus Kanada versuchen etwas Ordnung in das Land zu bringen. Alexandre ernannte einen neuen Polizeichef, der eng mit den USA zusammenarbeiten soll. Aristide ist ins Exil gegangen, momentan ist er in der Zentralafrikanischen Republik, von wo aus er ins endgültige Exil nach Südafrika abreisen wird. In seinem bisher letzten Interview meinte er, dass die USA ihn entführte um ein Blutbad zu vermeiden. Die USA weist diese Behauptung als völlig absurd zurück. Offiziell führen Alexandre und Philippe das Land, aber in Wirklichkeit sind Chaos und Anarchie die Staatschefs. Wird sich die Lage verbessern oder wird Haiti noch tiefer in den Sumpf der Armut sinken? Das ist wohl die größte Frage, die man sich heute in Haiti stellt.


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